Ueli Bugmann
  2008 mit Miriam nach Argentinien ausgewandert.

(265) Mañana, mañana

Wir freuen uns, unser Auto abholen zu können. Wieder einmal stehen wir Schlange. Diesmal bei unserer Bank, an ihrem Hauptsitz in Buenos Aires. Endlich sind wir an der Reihe, nur um zu erfahren, dass wir für unser Anliegen in den 4. Stock müssen, zum Aussenhandel. Dort hat man von einer Überweisung aus der Schweiz auf unser Konto noch nie etwas gehört. Wir sollten doch mal in Bariloche anfragen. Am nächsten Vormittag rufen wir die Bank in Bariloche an. Dort erklärt man uns, dass alles schon vor drei Tagen abgeschickt worden sei.

Eine Rechnung als Identitätsnachweis

Wieder am Hauptsitz warten wir. Diesmal will uns am Schalter ein Grünschnabel abwimmeln, aber eine ältere Arbeitskollegin, die mitbekommt, dass unsere Wortwahl Stufe um Stufe sinkt und unser Geduldsfaden demnächst reissen wird, schreitet ein. Sie bittet uns, zu warten, bis sie ihren Kunden bedient habe und versichert uns, sich dann um uns kümmern.
Nach kurzer Zeit tauchte sie tatsächlich auf, in der Hand unsere Papiere, Ausweisnummer, Wohnort, Überweisung, sicherlich auch noch meine Schuhnummer usw. Alles sei in Ordnung, in 48 Stunden werde das Geld auf mein Konto gutgeschrieben. Wieso nicht jetzt? will ich wissen. Das sei hier so üblich.

Inzwischen bestätigt auch der Wagenhändler auf unser Nachhaken, dass das Auto eingetroffen sei. Doch es gebe noch Probleme mit dem Kleinkredit. Die Finanzfirma brauche noch Unterschriften. Also wieder quer durch die Stadt. Dort eingetroffen erklärt man uns, dass man uns den Kleinkredit nur bewilligen könne, wenn wir zur Identifikation eine Telefon- oder Stromrechnung auf meinen Namen mitbrächten. Mein Einwand, dass wir mit Handys kommunizierten und als Mieter noch keine Rechnung hätten interessiert ebenso wenig wie die Tatsache, dass in unserem Personalausweis ja die Wohnadresse drin steht. Wieso bloss fängt man sich immer schwarze Daumen ein?! (siehe letzten Beitrag).

3800 km für eine Unterschrift

Wir rufen den Wohnungs-Eigentümer an, und er verspricht, sofort den Stromzähler auf meinen Namen zu überschreiben. Am nächsten Morgen ruft er zurück und bestätigt, die Überschreibung erledigt zu haben. Nur: Ich müsse diese noch eigenhändig unterschreiben. Man ist sich ja einiges gewöhnt, es haut mich nicht mehr aus den Socken. Und das im Zeitalter von E-Mail, Fax und Scanner.
Also 1900 km mit dem Bus nach Bariloche zurück, unterschreiben, wieder 1900 km nach Buenos Aires, unter dem Arm die wertvolle Rechnung mit - bitte nicht lachen - dem Rechnungsbetrag von 1 Peso. Dafür bin ich sage und schreibe drei Tage quer durch Argentinien gerast. Aber immerhin, wer ist schon in der Schweiz Eigentümer eines Stromzählers!
Also wieder zurück zum Autohändler. Dort wartet eine Enttäuschung auf uns: Die Accessoires sind immer noch nicht eingebaut! X mal Luft hohlen, der Verkäufer sucht schon mal das Weite. Schliesslich erhalten wir Bescheid, dass alles innert dreier Tage fertig sei, nur ein einziges Teil habe man nicht auf Lager, was ja in vier Monaten passieren könne! Ende Woche könnten wir das Auto wirklich abholen.

Genug Geduld

Am Freitag wollen wir wissen, ob der Handel nun wirklich stattfinden kann. Leider, gibt man uns Bescheid, gebe es ein Problem mit der Anmeldung des Autos. Das Strassenverkehrsamt in der Provinz Rio Negro habe schon geschlossen und am Samstag und am Sonntag arbeite man nicht. Wo wir denn unser Auto versichert hätten. Wahrheitsgemäss geben wir Auskunft: In Bariloche beim ACA (Automobilclub Argentino). Ich erinnere den Händler daran, dass wir schon alle Unterlagen abgegeben hätten, sogar die Telefonnummer der Sachbearbeiterin des ACA sei dabei. Grosses Staunen von allen, nie etwas davon gehört. Aber wie gesagt, es sei eben Wochenende und niemand im Büro.
Am Montag rufen wir beim Automobilclub an. Die freundliche Dame erklärt uns, dass sie ohne Autonummer, Motornummer und Fahrgestellnummer keine Bestätigung der Versicherung ausfüllen könne, ob diese Firma das erste Mal ein Auto ausliefere. Randbemerkung: Der Lieferant gilt als Nr. 1 im Verkauf in Argentinien. Dann erkundigen wir uns sicherheitshalber beim Lieferanten, ob die Anmeldeformulare aus Rio Negro inzwischen eingetroffen seien. Die Antwort überrascht nun wirklich niemanden mehr: Leider sei ihr System zusammengebrochen, deshalb könne man das Auto nicht anmelden. Wie lange das denn noch gehe, will ich entnervt wissen. Mañana - wir sollen es doch bitteschön morgen nochmal probieren. (Anmerkung Careguide: Die weitere, nicht unbedingt jugendfreie Konversation bleibt der Leserschaft an dieser Stelle erspart). Tage später, am Freitag morgen, erhalten wir den langersehnten Anruf! Und um 17 Uhr ist das Auto tatsächlich lieferbereit. Froh und munter meinter der Verkäufer: „Sehen Sie Bugmann, klappt ja immer…”

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Weiterführende Links
Das Ticken der Latino-Uhren

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Kommentare

  1. Catherine Beuret

    09.11.2008 8:34

    Telefon-Rechnung, Elektrisch-Rechnung und auch der Hauskaufvertrag, alles bestens bekannt. Meine Handtasche war immer voll von papieren. Mangels Anmeldungszwang mit gedruckter Aufenthaltsgenehmigung, pflügte sich auch die Schweizerin durch den Administrationsdschungel Frankreich. Meine Sous Prefecture wollte ganz andere Papiere als etwa die Sous Prefecture von Freunden. Bei jedem Papier, ob Fahrausweis oder Fahrzeugausweis, jedes mal war es gänzlich anders. Sehr interessant war die Reaktion, als ich in der Gemeindeverwaltung anrief und mich anmelden wollte. Ich dürfe bei Öffnungszeit kommen. Da war dann der Maire, die Adjunktin und die Sekretärin. Sie fanden es nett, dass sich die Ausländer anmelden würden. Die Franzosen machten das nie! Ich wollte nun eine Bestätigung, Fehlanzeige, das gibt es nicht mehr. Als der Maire mein Befremden sah, erklärte er sich bereit meinen Pass zu kopieren. Wahrscheinlich wurde die Kopie nach meinem Besuch, mangels Aufbewahrungsmöglichkeit, in der runden Ablage versenkt. Wie sehr vermisse ich doch eine gute schweizerische Einwohnerkontrolle. P.S. Selbstverständlich musste ich mich dann halt auch noch um eine Steuererklärung bemühen. Keiner wusste ja, dass ich anwesend war. Übrigens, den Abgabetermin verpassen heisst 10 % mehr Steuern bezahlen. Weiterhin guten Humor wünscht Catherine Beuret aus dem Charolais.