Catherine Beuret
  2005 mit vier Katzen ins Burgund (Charolais) ausgewandert.

(430) Wie man sich bettet, so liegt man

Als ich die Schweiz verliess, wusste ich noch nicht, wie sich die Kontakte zu meinen Verwandten und Freunden gestalten würde. Einige waren besorgt, andere waren begeistert, neugierig waren alle.

Die “Gazette de Marizy” als Ventil

Nachdem ich hier die ersten Begegnungen der besonderen Art durchlebte und oft unsicher oder sogar entsetzt war, brauchte ich ein Ventil. Also begann ich, trotz grosser Angst vor dem Schreiben, meine Erlebnisse zu mailen. Betreffend Angst vor dem Schreiben: Mein Deutschlehrer sagte einmal, ich sei die erste seiner Schülerinnen, welche 14 Kommafehler auf einer Seite gemacht habe. Trotz möglicher Schreibfehler musste ich meine Seele erleichtern. Um meinen Nächsten nicht ins Gilet-Täschchen zu heulen, zeigte ich die jeweils amüsante Seite des Geschehens. Das gefiel. Man wollte immer neue Berichte und so hatte ich Gelegenheit mich zu üben. Heute habe ich meine Mitteilungen, sie sind inzwischen in eine “Gazette de Marizy” verpackt, auf einmal monatlich reduziert. Die Folge: Fast alle haben mich besucht. Sie wollen sehen, was sie gelesen haben. Sie wollen sehen, wie der Rasenmäher, dessen Kauf mich so stresste, aussieht. Die Bäckerei, Informationenbörse, mit ihrem Holzofen werden besichtigt. Im benachbarten Montchappa ergibt man sich den gastronomischen Freuden des Charolais. Ich zeige Schlösser, romanische Kirchen, TGV-Bahnhöfe, Märkte, einen immensen Wald mit 500 jährigen Eichen, wir besuchen Hersteller von Spezialitäten und das alles in einer unerhört schönen Landschaft.

Reden, wie und so lange einem der Schnabel gewachsen ist

Schweizerdeutsch verlernte ich auch so nicht. Ich habe ein Telefonabonnement für unlimitiertes Telefonieren in den Festnetzen von ganz Europa und Nordamerika. Kosten 39 Euro monatlich. Wird von einem französischen Anschluss angerufen, lasse ich mir den Namen anzeigen. Das erleichtert das Erkennen von fremdartigen Geschlechtsnamen gewaltig. Fürs Internet zahle ich, mit einfachstem ADSL-Anschluss, Euro 30.90 monatlich. Noch etwas zum Thema Währungsschwankungen. Die können beachtlich sein. Im Gegensatz zum englischen Pfund hat sich der Franken einigermassen gehalten. Also, Bezüger einer Schweizer Rente: Beim Auswandern immer an das Währungsrisiko denken.

Kurzbesuche in der Schweiz

In die Schweiz fahre ich für Zahnarztbesuch, an Einladungen zu geraden Geburtstagen, Klassenzusammenkünften, Hochzeiten und Begräbnissen. Nach Möglichkeit absolviere ich neben dem Hauptanlass eine ganze Einkaufstour. Hier mangelt es mir an widerstandsfähigen Abfallsäcken, an Durgol für Kaffeemaschine und Luftbefeuchter und an Kalbsbratwürsten. Ich kenne Engländer, welche ihre Abfallsäcke aus England mitbringen. Die Schweiz-Besuche nach Bern, Thun, Luzern, Zürich und auch schon nach Schaffhausen absolviere ich an einem Tag. Ich möchte nicht zu oft die Nachbarschaft fürs Katzenfüttern aufbieten. Abgesehen davon sterbe ich am liebsten in meinem Bett. Ihr seht, ich bin gar nicht ein reisefreudiger Pioniertyp.

Schon angekommen im Paradies

Fazit zu meinem heutigen Leben: Andere hoffen auf das Paradies nach dem Tode, ich bin schon im Paradies.

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Impression aus dem paradiesischen Park von Apremont-sur-Allier
(Bild: Catherine Beuret)

Liebe Leserinnen, lieber Leser, mit diesem Bericht verlasse ich den gastfreundlichen Blog und wünsche allen eine gute Zukunft.

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2 Kommentare

Kommentare

  1. kummer ursula

    15.10.2009 8:15

    hallo frau beuret
    mit schmunzeln habe ich ihre berichte gelesen den ich wohne nicht weit von ihnen weg und ich kann nach 8 jahren bresse bestätigen dass alles so abläuft wie sie es geschildert haben–vielleicht begegnen wir und ja einmal! mit freundlichen grüssen ursula kummer aus frangy-en-bresse

  2. Tineke Weiesmüller

    10.09.2010 8:45

    Hallo Frau Beuret
    Zum ersten Mal habe ich diese Seite entdeckt, nachdem ich ein aufgestelltes Daumenzeichen suchte, weil ich etwas deprimiert war und nun wieder aufgestellt sein möchte. Ihren Bericht zu lesen hat mich gwündrig gemacht.
    Ich wohne seit 1965 in der Schweiz, bin aber gebürtige Holländerin und erst mit 22 Jahren ausgewandert. Ich habe einen Schweizer geheiratet und kam aus diesem Grund in die Schweiz. Ich liebe dieses Land, ihre Bewohner und die Sprache und habe hier mit grosser Freude 41 Jahre als Kindergärtnerin gearbeitet. Seit einem Jahr ist mein Mann verstorben und da meine Kinder und Enkel hier wohnen und ich ein Haus besitze, hatte ich Frieden damit, dass ich hier alt werden würde bis zum Tod. Aber das Leben hat etwas ganz anderes mit mir vor. Mein erster Schulschatz aus Holland hat sich gemeldet, er ist Witwer und somit wie ich, ungebunden. Es hat mächtig gefunkt zwischen uns beiden und die Liebe, welche damals nicht zum Erblühen kam, darf sich jetzt in voller Pracht entfalten. Das ist natürlich sehr erfreulich, zumal ich meine Wurzeln in Holland sowieso nie verleugnet habe. Aber ich habe auch die Schweiz als zweite Heimat angenommen. Bin aktiv im Chorwesen und habe viele schöne soziale Kontakte. Diese aufzugeben oder abzubrechen, macht mir Sorgen und deshalb bin ich so froh, Ihre Kolumne entdeckt zu haben. Nun kann ich nachlesen, was uns verbindet, wo wir auch eine Schicksalsgemeinschaft haben, denn mir ist klar geworden, dass ich zurück gehen werde nach Holland. Ich habe dort Familie, Freunde und Bekannte und jetzt auch wieder meinen Freund. Er hätte hier “nur” mich, alles andere ist in Holland. Das ist die vernünftige Seite. Die emotionale Seite ist aber auch da und damit kann nur ich allein fertig werden, auch wenn ich von allen Seiten gestützt werde. Ich sehe im Seitenteil dieser Seite auch viele wichtige Hinweise, welche mir nützlich sein können beim Umziehen. Ich bin also richtig froh, “zufällig” auf dieser Site gestossen zu sein. Ihnen wünsche ich alles Gute und Liebe und ich werde gelegentlich wieder mal reinschauen. Herzliche Grüsse Tineke