Frieda M. Steinruck
  Seit 2006 auf Gran Canaria (ESP)

(202) Selbsthilfenetz und Notrufknopf auf den Kanaren

Ein Blick über den Zaun kann nichts schaden. Mein Thema heute sind die erfolgreichen Aktivitäten des deutschen Konsulats zum Aufbau von Nachbarschaftsnetzen auf den Kanaren. Davon könnten wir Schweizer uns durchaus “eine Scheibe abschneiden”, wie man im grossen Kanton zu sagen pflegt. Entstanden ist das Programm aus einem Nachteil: Das deutsche Konsulat ist für alle sieben Inseln zuständig, kann seinen Sitz aber nur an einem Ort haben (in Las Palmas) und steht deshalb nicht immer sofort zur Verfügung. Konsul Peter-Christian Haucke und Vizekonsul Jochen Kaesmacher hatten Ende April zu einer Gesprächsrunde in den katholischen Pfarreibungalow eingeladen.

Nachbarschaftshilfe auf Teneriffa und Lanzarote

Dort stellten sie ihre Idee für ein Hilfsnetzwerk vor, die auf Teneriffa und Lanzarote bereits realisiert werden konnte. „Niemand ist eine Insel. Jeder braucht mal Hilfe und dann ist es schlecht, wenn niemand da ist und auch kein Kontakt mehr zu Familie und Freunden in der alten Heimat besteht”, meint der Vizekonsul. Ein Sozialamt aufzusuchen oder sich im Spital zurechtzufinden fällt möglicherweise mangels genügender Spanischkenntnisse schwer. Beinahe täglich steht das Konsulat solchen Situationen gegenüber. Es versucht zu helfen, soweit es mit seinem knappen Personal überhaupt dazu in der Lage ist. Nun bittet es die Residenten um Unterstützung und möchte eine Adressliste von Freiwilligen zusammentragen, die ihr Knowhow und Können zur Verfügung stellen. “Eine Superidee” fand nicht nur ich, die als Begleitung meines deutschen Partners dort war, sondern auch mindestens ein weiterer Schweizer, den die Neugier ebenfalls ins Pfarrhaus gelockt hatte. Mit ihm konnte ich mich dann anlässlich des schweizerischen Honorarkonsul-Anlasses in Las Palmas (Pdf) austauschen.

Schnell und unbürokratisch helfen

Die Deutschen lassen ihren Worten auch Taten folgen: Inzwischen konkretisieren sich die Pläne für ein Hilfsnetzwerk auch für Gran Canaria. Die Schirmherrschaft über die Organisation soll beim deutschen Konsulat liegen und möglicherweise in Form einer Stiftung finanziert werden, wie die Gründungsmitglieder (Gemeindevertreter, engagierte Residente) kürzlich vereinbarten. Noch sind Ehrenamtliche gefragt, die im Notfall agieren können. Die Hilfsorganisation soll besonders in finanziellen Notlagen oder bei Vereinsamung von Altersresidenten schnell und unbürokratisch aktiv werden.

Notrufknopf mit deutschsprachiger Hilfe

Seit kurzem existiert auch ein Notrufsystem in deutscher Sprache für die Kanaren. Alle Geschäfte, die irgendetwas mit der Gesundheit zu tun haben, also auch z. B. „Betreutes Wohnen”, werden von Info Canarias Care Solutions S. L. abgewickelt. Der Anhänger mit dem Notrufknopf ist sogar kleiner als eine Zigarettenschachtel und kann gekauft oder gemietet werden (Mindestmietdauer sechs Monate). Wird der rote Knopf gedrückt, gibt’s Alarm in der Madrider Zentrale von Sicherheit Plus und ein deutschsprachiger Mitarbeiter handelt genau nach den Anweisungen, die in der sich dort öffnenden Kundenkartei deponiert sind.

Mehr Sicherheit dank Nachbarschaftshilfe im Nachtleben

Eine andere Art der Selbsthilfe haben engagierte Eltern für die Sicherheit im Nachtleben in Mogán organisiert. Die (kanarien-) Gelben Raben mit ihren einheitlich gelben T-Shirts wollen nachts in Dreiergruppen die Strassen rund um Bars, Kneipen und Diskotheken bewachen und damit die Sicherheit der jungen Menschen erhöhen, sie aber auch vor Trinkgelagen und Drogenkonsum abhalten und mithelfen, Konflikte friedlich zu lösen. Dabei orientieren sie sich am norwegischen Vorbild nach dem Motto: „Es ist einfach und effektiv. Es kostet nur ein wenig Mitgefühl und ein paar Stunden deiner Zeit”. Die Nationalität spielt keine Rolle, sofern es in jeder Equipe einen Vertreter gibt, der Spanisch oder Englisch spricht.

Weiterführende Links
Notrufknopf mit Teleassistenz (Pdf)

Alarmzentrale Madrid

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Kommentare

  1. Catherine Beuret

    23.07.2008 6:52

    Das Thema wird gerne verdrängt. Toller Beitrag und eine Supersache.

    Herzlich Catherine Beuret