Catherine Beuret
  2005 mit vier Katzen ins Burgund (Charolais) ausgewandert.

(420) Empfang der Neuzuzügerin

Jeder Schweizer weiss, am neuen Wohnort meldet man sich bei der Gemeinde an. Man gibt seine Geburtsurkunde und erhält eine Aufenthaltsgenehmigung. Der Rest läuft von selbst.

“Das Steueramt findet Sie immer!”

Also rief ich in der Mairie an und fragte, wann mein Erscheinen genehm sei. Als ich an einem der drei offenen Halbtage erschien, warteten schon der Gemeindepräsident, die Adjunktin und die Sekretärin. Man zeigte sich erfreut, dass sich Ausländer immer meldeten, Franzosen würden das nicht tun. Immer noch unschuldig wollte ich also Papier abgeben. Man brauche keine Papiere. Da war ich so erstaunt, dass der Gemeindepräsident der Sekretärin befahl, halt meinen Pass zu kopieren. Dann wollte ich eine Carte de séjour. Die sei abgeschafft. Ja, wie mich dann das Steueramt finden könne? Die fände einen immer! Dann wurde ich freundlich verabschiedet und war angekommen.

Wie finde ich denn das?

Als ich nach einem Jahr immer noch kein Steuererklärungsformular erhalten hatte und in der Bäckerei mein Erstaunen bekundete, wurde es sehr still daselbst. Die Bäckersfrau klärte mich auf. Ich müsse in Montceau les Mines auf dem Steueramt das erste Formular abholen. Wenn die Erklärung nicht am Verfalltermin abgeben werde, werden 10 Prozent Strafsteuer fällig. Morgen Abend sei der Abgabetermin. Ha, das Steueramt findet einen schon!!! Ich rase nach Hause, bündle alle Unterlagen, mache eine Aufstellung aller Einkünfte und des Vermögens, packe drei Ordner ein und fahre zum Steueramt. Da steht die Kundschaft in einer langen Kolonne bis auf die Strasse. Man darf in der Kolonne stehend zuhören, was die Steuerzahler so bewegt. Als ich drankomme und erwähne, ich sei Schweizerin und zahle das erste Mal Steuern in Frankreich, werde ich eilends, versehen mit einem Ticket, in einen Warteraum verwiesen. Nach einiger Zeit, in zahlreicher Gesellschaft, komme ich an die Reihe.

“Wenn einem so viel Schönes wird beschert, ist das schon eine Torino wert…”

Die junge, unerfahrene Beraterin packt zuerst ein blaues Formular. Blau ist meine Lieblingsfarbe. Da sie damit nicht vorwärts kommt, ruft sie einen Kollegen an. Der rät zu einem roten Formular. Alarmstufe rot. Sie kommt immer noch nicht draus und will mich auf später verweisen. Später ist aber zu spät und ich lasse mich nicht abweisen. Wir vereinbaren also, dass ich das rote Formular mit dem Datum versehe und blanko unterschreibe. Ich lasse ihr die Aufstellung meiner Einkünfte und des Vermögens, und sie geht später zu ihrem Chef. Der gerade abwesende Chef werde ihr auch zeigen, welcher Wechselkurs zu nehmen sei. Die Beträge der Krankenkassen-Basisversicherung dürfe ich nicht abziehen, das sei laut ihrem Buch nur bei französischen Einkünften gestattet. Die sind sowieso immer netto. Zum Glück muss ich nochmals hin und lerne per Zufall den Chef kennen. Der belehrt die Mitarbeiterin, dass sie die falschen Buchseiten konsultiert habe und ich die Krankenkasse (Basisversicherung) abziehen dürfe. Darüber bin ich so erleichtert, dass ich später nochmals vorbei gehe und den Beiden eine Tafel Torino überreiche. Im Folgejahr erinnert man sich an die vorzügliche Schokolade.

Erfahrungswissen für Neuankömmlinge

Ehe ich es vergesse: Als Neuankömmling füllt man nur die Steuererklärung für die Einkünfte aus. Die Formulare für das Haus folgen später. Diese Steuer wir auf Grund einer Selbsteinschätzung ermittelt. Sie wollen Anzahl Chambres (Schlafzimmer), Séjour (Salon / Wohnraum), weitere Räume (z.B. meine Bibliothek), Grösse der Küche in m², Anzahl Badewannen, Anzahl Lavabos, Art der Heizung usw. wissen. Zudem darf man ankreuzen, ob das Haus in einem sehr schlechten, schlechten, mittleren, guten, sehr guten Zustand ist. Die m² der Scheunen mussten separat ausgewiesen werden. Auswanderungswillige: Die Verrechnungssteuer muss über die französischen Steuerbehörden zurückgefordert werden.

Hier noch eine Warnung betreffend Erbschaftssteuer. Aller Grundbesitz in Frankreich wird in Frankreich besteuert. Schweizer müssen - Doppelbesteuerungsabkommen sei Dank - nicht auch noch in der Schweiz steuern. Hingegen sind die Steuern saftig. Nichtverheiratete Paare schliessen, um sich besser zu schützen, einen PAC ab.

Die Anmeldung des Autos erfolgte, nachdem ich die erforderlichen exotischen Papiere beschafft hatte, rasch und einfach. Der Fahrzeug-Ausweis wurde in der Sous-Préfecture von Charolles vor meinen Augen ausgedruckt. Anschliessend geht man zu seiner Garage. Dort wird die Nummer aus dem Ausweis auf eine Plakette gedruckt und am Wagen montiert. Voilà.

Der Schweizer Fahrausweis muss innerhalb eines Jahres in einen französischen umgetauscht werden. Ein Tag verspätet und man darf in Frankreich nochmals die Fahrschule, natürlich auf Französisch, besuchen. Ich musste auch noch ausdrücklich darauf verzichten, einen leichten Lastwagen zu fahren. Andernfalls hätte ich ein ärztliches Attest beibringen müssen.

Auf dieser staatlichen Web-Site kann sich der werte Einwohner kundig machen: http://www.service-public.fr/

Fazit: Man kann sich an alles gewöhnen.

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Weiterführende Links 
Service public

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Kommentare

  1. Ingrid Stocker

    23.09.2009 16:40

    Liebe Frau Beuret
    Bei der Geschichte mit dem Steueramt musste ich schmunzeln. Auch Sie, als akkurate Schweizerin, nehmen sämtliche Unterlagen unter den Arm, die man in der Schweiz für die Steuererklärung benötigt.
    Ich habe ebenfalls erfahren, dass das französische Steueramt nur die Einkünfte wissen will, Bankkonto-Auszüge werden nicht verlangt. Viel einfacher als in der Schweiz!
    Liebe Grüsse
    Ingrid Stocker