(337) Zu Hause im viersprachigen Spanien
Wir haben uns sehr schnell eingelebt in Spanien, was ich unter anderem meinem leider inzwischen verstorbenen Freund Paul Isler, auch Schweizer, zu verdanken habe. Er war mit seiner Frau Anni schon 10 Jahre vor mir nach Denia (siehe auch Beiträge von Lilo Röding und Hildegard-Maria Bertschy) ausgewandert. Ich habe ihn ca. 1989 als Radioamateur unter dem Funkzeichen EA5GIW kennen gelernt, und wir sind später Freunde geworden. Jedes Jahr einmal kamen sie uns besuchen. Da sie einige Haustiere hatten, kamen sie meist am späten Vormittag, luden uns praktisch immer zu einem Mittagessen in ein Restaurant ein und fuhren dann gleich wieder die 290 km südwärts zurück nach Denia.
Paul sagt mir einmal: „Wenn Du hier in Spanien leben willst, halte Dich fern von den Deutschen und den Schweizern, das sind die ersten die dich über den Tisch ziehen wollen.”
Hier wird Katalanisch gesprochen
Natürlich darf man das nicht wörtlich oder zu ernst nehmen. Das Körnchen Wahrheit, das darin steckt: dass man sich nicht nur deutsch sprechende Freunde suchen sollte. Im Gegenteil sollte man versuchen, sich zu integrieren, sich möglichst einen Bekannten- oder Freundeskreis in der ansässigen Bevölkerung suchen. Auch wenn es am Anfang schwer fällt, erst mal die Sprache, die man meist ja noch überhaupt nicht spricht, dann auch noch die uns Schweizern fremde Mentalität kennen zu lernen. Hier, wo wir jetzt zu Hause sind, spricht man übrigens nicht Spanisch, sondern Katalanisch. Für uns umso schwieriger, denn eigentlich möchten wir ja Spanisch lernen, wir möchten ja auch noch andere Teile von Spanien besuchen, und da kommt man mit katalanisch nicht weit. Spanisch spricht man in ganz Spanien, welches ja wie die Schweiz auch viersprachig ist. Kommt noch erschwerend dazu, dass wir natürlich nicht mehr arbeiten und nicht den ganzen Tag mit der spanischen oder der katalanischen Sprache konfrontiert werden. Wenn man pensioniert ist, ist man fast die ganze Zeit alleine mit seinem Partner, und da spricht man eben auch schweizerdeutsch.
Auch wenn’s schwer fällt: Probieren geht über studieren
Bis auf ein einziges Schweizer Paar, welches zu unserem Freundkreis gehört (wir treffen uns vielleicht einmal im Monat) , haben wir nur spanische Freunde, und da spricht praktisch überhaupt niemand deutsch. Wir haben von Anfang an immer versucht, möglichst ohne Ãœbersetzer oder Vermittler auszukommen. Dadurch sind wir sehr schnell selbständig geworden, obwohl es sicher nicht immer ganz so einfach war, man denke nur an all’ die Baubewilligungen, Materialbestellungen, den allgemeinen Verkehr mit den Kommunen und Versicherungen usw.
Aber die Leute haben Verständnis, dass wir mit ihnen Spanisch sprechen wollen, obwohl viele hier Mühe mit dem Spanisch haben - etwa so, wie wenn ältere Schweizer hochdeutsch sprechen.
Mein Rat an alle, die mit dem Gedanken spielen, sich im Ausland eine Bleibe zu suchen: Noch in der Schweiz wenigstens ein oder zwei Semester Sprachunterricht zu besuchen, um wenigstens die Basis in der Grammatik der betreffende Sprache zu haben, dann ist schon mal ein grosser Schritt gemacht.
Am Sonntagabend wird getanzt
Wichtig ist auch, sich irgendwelchen lokalen Clubs oder Pensionierten-Vereinigungen anzuschliessen. Wir sind zum Beispiel Mitglieder in beiden Pensionierten-Clubs hier in Sant Carles de la Rapita, in einem davon treffen sich die Fischer. Wir treffen uns praktisch jeden Sonntagabend in einem Lokal der Gemeinde mit anderen Pensionierten. Da spielt eine Livemusik (es sind meist Duos, die sich abwecheln). Zur Musik wird im Winterhalbjahr von 18.30 - 20.30 Uhr, im Sommer eine Stunde später getanzt. Es ist hier richtig familiär und lustig. Jeder kennt jeden und es macht riesig Spass, weil die Leute lustig sind und fröhlich. Platz gibt es da für ca. 500 Personen, aber nur bei Festen ist das Lokal komplett gefüllt Der Eintritt kostet 1 € pro Person, die Getränke-Preise sind supergünstig, das vermutlich teuerste ist eine Flasche Cava für 6 €, wobei zu sagen ist, dass eigentlich hauptsächlich Wasser oder Fruchtsäfte getrunken werden. Erwähnenswert ist noch der Jahresbeitrag von 3 €. Auch gibt es unter dem Jahr viele Feste die organisiert werden, günstige Tagesausflüge und Wochenreisen.
Da könnte die Schweiz davon lernen
Da kann ich eigentlich nur sagen: Da könnte die Schweiz noch einiges lernen. Der spanische Staat hat sich etwas ganz Spezielles einfallen lassen. Im Herbst, meist Ende Oktober, hatten viele Touristenhotels bis Ostern geschlossen, d. h. die ganze Belegschaft des Hotels ging stempeln. Noch schlimmer: Die Hotels erlitten bis zur Wiedereröffnung auch Schäden. Bis zur Wiedereröffnung musste ein grosser Reinigungsaufwand betrieben werden und neues Personal wollte eingearbeitet sein usw.
Der Staat handelte vermutlich mit den Hotelbesitzern für diese Zeit einen möglichst günstigen Vollpensionspreis aus, den er nun den Pensionierten weitergibt. Die gehen mit „Imserso”, in Urlaub und das äusserst günstig. Ein Beispiel:
Andalucia, Murcia, Communidad Valencia und Cataluña 158.20 € für 8 Tage Vollpension mit Wein und Wasser zu den Mahlzeiten, Transfer ab Tarragona oder Castellon, (die beiden nächst gelegenen Imserso-Treffpunkte) alles inbegriffen, je nach dem, mit Flug oder Busreise
Vorteile für den Staat: Das Hotel ist die ganze Zeit über in Betrieb, keine Arbeitslosen, die bezahlt werden müssen. Das Hotel kann seine angestammte Belegschaft das ganze Jahr über behalten, keine Angestellten die neu angelernt werden müssen, usw. Generell kann man sagen, dass Spanien sehr viel für seine Pensionierten macht, auch sonst überall Vergünstigungen, Bahn 40 Prozent Ermässigung, praktisch alle Eintritte für über 65-Jährige stark reduziert.
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Weiterführende Links
Beiträge von Lilo Röding  Â
Beiträge von Hildegard-Maria Bertschy
Spaniens Sprachen
Imserso - Reisen zum Pensioniertentarif
17.03.2010 18:35
Wir sind auch seit mehreren Jahren in Katalonien Zuhause und sprechen aber ausschließlich Spanisch. Wir haben mittlerweile auch katalanische Freunde, können aber selbst kein Katalanisch sprechen. Gerade mal verstehen. Ich selbst finde das nicht so tragisch, da ich mit Spanisch bisher immmer gut zurecht gekommen bin. Ausserhalb der großen Zentren in den Pyränäendörfern habe ich zwar schon Leute zu meinen katalanischen Bekannten sagen hören: Du verstehst uns, wir sprechen die selbe Sprache”. Das finde ich aber nicht kritisch. Insgesamt liebe ich nach wie vor Katalonien, seine Landschaft und die Katalanen und habe es nicht bereut hier her gekommen zu sein.