Vreni und Helmut Heinrich
  2001 nach Oberösterreich ausgewandert.

(280) Die Schweiz von aussen betrachten

Für uns ist es sehr wertvoll, mit anderen Menschen, ihren Lebensanschauungen und Lebenserfahrungen in Kontakt zu kommen. Vor allem die ältere Generation in Österreich ist geprägt vom Krieg und dessen Folgen, von Entbehrungen, von Armut, aber auch vom Willen, wieder Neues aufzubauen. Besonders das Mühlviertel hier hatte durch seine direkte Grenze an den ehemaligen Eisernen Vorhang wirtschaftlich mehr zu kämpfen, um sich zu entwickeln. Heute scheint es den Menschen hier gut zu gehen, denn es entstehen viele schöne Häuser, und von der momentanen Finanzkrise spürt man hier nicht sehr viel. Hoffentlich bleibt das auch so.

Heimwehschmerz und der Auslandschweizerverein

Seit ich in Österreich lebe, interessiere ich mich auch stärker für die Schweizer Politik. Mir wird erst jetzt so richtig bewusst, dass die Eidgenossen in verschiedener Hinsicht ein besonderes Volk sind. Für mich persönlich bedeutet das Zivilcourage, auch freie Meinungsäußerung und einen gewissen Stolz, aber auch Dankbarkeit, in diesem schönen Land geboren zu sein. Heimweh? Nein, das kenne ich nicht mehr! Ich bin dort zu Hause, wo ich mich wohl fühle. Und das ist jetzt an der Seite von Helmut in Österreich! Schweizer im Ausland tragen die Bezeichnung Auslandschweizer. Das stimmt für mich so nicht. Ich fühle mich als Schweizerin, die im Ausland lebt.

Kontakt zu organisierten Schweizern machte Heimweh

Im Auslandschweizerverein Oberösterreich fühlte ich mich nicht wohl. Da hatte ich so etwas wie Heimwehschmerz, und das tat mir gar nicht gut. So traten wir aus dem Verein wieder aus. Für Helmut war das sowieso kein Thema. Aber zur ehemaligen Präsidentin dieses Vereins und ihrem Mann hat sich seither eine freundschaftliche Beziehung entwickelt. Heidi wollte uns zuerst unter ihre Fittiche nehmen, bemerkte dann aber sehr schnell, dass wir das nicht nötig hatten. Vor 50 Jahren waren manche SchweizerInnen in Österreich froh um eine Ansprechperson, heute scheint das eher seltener der Fall zu sein. Heidi ist Ehrenpräsidentin und erzählt uns oft von ihren Erlebnissen. Sie selbst scheint aber heute noch unter Heimweh zu leiden. Mit ihr und ihrem Mann Ernst erleben wir immer wieder schöne Stunden, sei es in ihrem Garten beim Grill, auf kleinen Wanderungen oder an einem kulturellen Anlass.

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Kommentare

  1. Catherine Beuret

    24.11.2008 8:03

    Liebe Heinrichs, wie recht Sie doch haben. Auch ich bin eine Schweizerin im Ausland. Mein Status zeigt sich bestens Frühmorgens beim Lesen der Online-Zeitungen! Da lese ich zuerst den Figaro, dann das Journal de Saône et Loire, dann die NZZ Online und zuletzt den Tagesanzeiger. Durch den Tagesanzeiger lernte ich auch diesen wertvollen Blog.kennen. In meinem Dorf bin ich La Suissesse und wurde sehr gut aufgenommen. Ich wurde sogar von den Damen des Dorfes nach Hause eingeladen. Das ist nicht selbstverständlich, die Gegend ist nämlich ländlich und konservativ. Sobald ich Rat oder Hilfe brauche, aktivieren die Damen ihre Männer oder Söhne. Hier ist die Rolle der Frau noch sehr von alten Anschauungen geprägt. Ich glaube sie sind auch ein wenig stolz auf mich. Für sie ist es spannend, dass eine alleinstehende Rentnerin ein Haus im Ausland kauft, renoviert und dann auswandert. Meine Eigenarten verursachen oft ein Schmunzeln. Ich rege mich halt noch immer über Unpünktlichkeit, schlechte Handwerker, schlechte Pflanzenqualität usw. auf. Am Meisten verblüffte aber meine Frage, betreffend Kompetenzen des Gemeindepräsidenten. Ihre Meinung ist, man habe ihn doch gewählt, da müsse man doch Vertrauen haben!!! Alle diese Damen, sie gehören, wie könnte es anders sein, zu den Einflussreichen der Gemeinde. Wir treiben übrigens auch regen Tauschhandel. Burgunder Hausmacherspezialitäten gegen Schweizer Schokolade. So zementiere ich halt auch das Cliché der Schweiz. Ich wünsche Euch weiterhin eine gute Zeit. Herzlich Catherine Beuret