Christa Morf
  Seit 1998 auf Hawaii (USA)

(245) Der lange Weg zur Öko-Insel

Es ist von allem genügend da - Wir leben in den USA! (reimt sich…). Die grossen nationalen Ketten haben ihre Niederlassungen auf Maui. Sie haben dazu beigetragen, dass die kleinen Geschäfte untergingen in den letzten Jahren.

Zum Tanken 20 Minuten fahren

Noch können wir in 20 Autominuten tanken und das Notwendigste an Lebensmitteln einkaufen. Das Angebot ist auf die “Landbevölkerung” abgestimmt. Um 5 Uhr abends ist der Parkplatz voll mit Kleinlastwagen. Die Bauarbeiter, Farmer und Landschaftsgärtner kommen sich ihr Bier etc. holen, kaufen sich ihr Abendessen und vielleicht Zigaretten und eine Zeitung. Es gibt lokale frische Fische einmal pro Woche und Eiscreme. Ich hoffe sehr, dass dieses Geschäft überleben wird.

Quiches und Chansons zum Auftakt

Für den Grosseinkauf gehen wir alle 14 Tage in die einzige grössere Stadt in Maui. Unsere Liste ist lang und führt uns zu verschiedenen “Anlaufstellen”. Damit dieser Tag nicht allzu stressig wird, gehen wir am Mittag zur “Maui Bakery”. Ein Franzose bäckt wunderbare Quiches und süsse Blätterteigspezialitäten, die wir uns mit Genuss zu Gemüte führen und dabei französische Chansons hören.

Im Baumarkt ist Ärger vorprogrammiert

Der Einkauf in den Eisenwarenhandlungen und Baubedarfgeschäften ist der Ort, wo die Frustrationen beginnen. Meistens müssten wir etwas ganz Bestimmtes in einem ganz bestimmten Grössenmass haben, wie z.B. Schrauben, Schalter oder auch nur eine Holzlatte. Da kommt es vor, dass wir mit leeren Händen heimkommen, obschon wir in allen entsprechenden Läden suchten. Bestimmte Hölzer gibt es nicht oder zu exorbitanten Preisen oder das Angebot ist unbrauchbar, die Bretter sind verzogen, haben Risse und können nur zur Hälfte gebraucht werden. Auch schon gab es nur eines: an den Computer sitzen und “googeln”. Das ist die moderne Version der Versandkataloge. Passt mir besser, weil nicht so viel Papier verschleisst wird.

Entsorgen wird seit zwei Jahren belohnt

Hier auf der Insel, werden nur Zeitungen, Packpapier und Wellkarton gesammelt. Glanzpapier legen wir unter die Bananenbäume als Mulch. Es verrottet innerhalb eines Jahres. Womit wir von der Versorgung direkt zur Entsorgung gelangt wären, dem Stiefkind langer Jahre. Es wird inzwischen etwas besser behandelt, seit die Behörden kaum mehr wissen, wohin mit dem Abfall. Auf einer Insel sind die Folgen schneller und deutlicher zu sehen als auf dem Festland. Seit zwei Jahren bezahlen wir Depotgebühren und kriegen das Depot zurück, wenn wir die Behälter zu den öffentlichen Stellen bringen. Es wird noch Jahre dauern, bis die Wiederverwertung den Stand von Deutschland oder der Schweiz erreicht haben wird.

Wenn wir Ersatzteile für eine Haushaltmaschine oder fürs Auto brauchen, werden $ 35 Porto und Bearbeitungsgebühr auf jeden Artikel draufgeschlagen. Entweder wird etwas von Oahu oder dem Festland bestellt. Fast alles kommt per Flugpost. Der Seeweg dauert sechs Wochen vom Festland.

Stromlücken

Bis jetzt haben wir genügend elektrische Energie. Hie und da wird der Strom durch umgestürzte Bäume unterbrochen. Das kommt öfters vor. Da wir Propangas haben, können wir trotzdem kochen. Ohne Strom wird aber unser Wasser nicht mehr ins Haus gepumpt. Unseren Wasserbedarf decken wir mit Regenwasser von unserem grossen Dach, das wir in einem riesigen runden Tank sammeln. Weil es oft regnet, haben wir selten Wasserknappheit. Aber wenn es keinen Strom gibt, merken wir, wie abhängig wir davon sind. Bisher hatten wir nur einen langen Stromausfall von 36 Stunden. Im allgemeinen ist alles innert ein paar Stunden behoben.

Erste Schritte zu alternativen Energiequellen

Seit zwei Jahren betreibt das Elektrizitätswerk sieben Windmühlen und andere Energiequellen werden entwickelt. Vorläufig aber werden über 80% der elektrischen Energie mit Erdöl produziert. Ein Unding, wie viele meinen, in einem Staat mit so viel Sonne!

Ein heisses Eisen ist der “öffentliche Verkehr”. Ohne Auto gäbe es für uns nur eines: Autostopp. Wir leben in einem «Randgebiet». Aber auch in den grösseren Ortschaften ist die Bevölkerung aufs Auto angewiesen. Seit drei Jahren gibt es einen rudimentären Fahrplan zwischen den wichtigsten Ortschaften. Vielleicht helfen die hohen Benzinpreise, den politischen Willen für mehr öffentlichen Verkehr zu stärken.

Darf man vergleichen?

Das tönt alles etwas kritisch. Ich vergleiche mit meinen Erfahrungen in Europa, wo die Entwicklung über einen langen Zeitraum verlief (und immer noch verläuft!). Maui hat sich innerhalb von 30 Jahren von einer verschlafenen Agrarinsel zu einem Touristenzentrum von Weltformat verändert. Kein Wunder, dass der “Strand”-Sand einer gemächlicherer Zeit ins Getriebe dieser überforderten Infrastruktur weht. Darüber mehr im nächsten Artikel über den Tourismus.

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