Frieda M. Steinruck
  Seit 2006 auf Gran Canaria (ESP)

(190) Brot und Spiele

“Wir sind die Könige Europas…” jubelten auch die kanarischen Tageszeitungen, als Spanien nach einer Durststrecke von sage und schreibe 44 Jahren vor zehn Tagenendlich wieder Fussball-Europameister wurde. Jugendliche in unserem Quartier hatten schon bei jedem Tor im Halbfinale Feuerwerkskörper knallen lassen. Dass nach dem Finale noch mehr “Schüsse” fielen und Hupkonzerte zu hören waren, ist mehr als nur verständlich. Wir freuten uns mit den Spaniern über den hart erkämpften und verdienten Sieg und stimmten neidlos in „Eviva España” ein.

Am Ende einer ‘goldenen Zeit’

Doch diese Euphorie vermag nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass in Spanien eine ‘goldene Zeit’ wirtschaftlicher Blüte zu Ende geht. Zehn Jahre lang lag die Wachstumsrate fast ständig über drei Prozent und damit weit über dem EU-Durchschnitt. Ein beispielloser Bauboom war Basis für dieses Wirtschaftswunder, wurden doch mehr Wohnungen gebaut wie in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen.

Inzwischen sank die wirtschaftliche Wachstumsrate auf 2,7 %, während die Arbeitslosenquote trotz der beginnenden Tourismussaison in den Monaten April und Mai auf 9,6 % anstieg. Gar von ersten ‘Anzeichen einer Rezession’ wird gesprochen, denn die Krise beschränkt sich längst nicht mehr nur auf die Baubranche.

Alles geht nach oben, auch die Zahl der zu verkaufenden Häuser

Nicht verwunderlich also, dass sich auch hier wegen der internationalen Wirtschaftskrise zunehmend Pessimismus breit macht. Neuesten Berechnungen zufolge soll die Inflationsrate auf den Kanaren vom Juni bis August von derzeit 4,9 auf bis zu 5,4 % steigen, wenn der Ölpreis nicht zurückgeht, was wohl eher ein Traum bleiben wird. Aufgrund der derzeit immer noch rasant steigenden Ölpreise nähern sich hier die Benzinkosten immer mehr denen auf dem europäischen Festland. Blickt man auf die Preisschilder für Obst und Gemüse, glaubt man, es handle sich um Luxusgüter. Auch enorm steigende Hypothekarzinsen belasten zunehmend das Familienbudget. Ist es da verwunderlich, dass immer mehr Immobilien zum Verkauf stehen?