Adolf Gyger
  2005 in die Bresse (FRA) ausgewandert

(152) Die Bresse, ein Velotraum

Da wir ja aus dem Berner Oberland nach Frankreich gekommen sind, war Velofahren nicht gerade unsere Stärke. Bergab und bergauf waren am alten Wohnort fast die einzigen Möglichkeiten.
Hier in der Bresse sieht das anders aus. Hier können Sie jeden Tag 200 bis 300 km fahren, ohne grössere Steigungen.

Wir haben unsere Velos aus der Schweiz dabei, besseres Terrain finden wir wohl nicht mehr und wir haben noch Fiduz (berndeutsch für Mut, Geschick, Schläue). Worauf also noch warten? Kleinere Touren von 10 bis 20 km sind es am Anfang.

Bremsen los und ab die Post

Irgendwann wollen meine Frau und ich es wissen. Der Rucksack wird gepackt und wir wagen mit 35 km die erste richtig grosse Velotour. Schon nach wenigen Kilometern erreichen wir die ersten zwei Seen. Weiter geht’s Richtung Norden - alles auf schmalen, geteerten Strässchen - vorbei an Raps- und Weizenfeldern. Nach weiteren fünf Kilometern ein neuer See, umrahmt von Schilf. Gerastet wird noch nicht, denn fünf Kilometer weiter wissen wir von zwei Seen, zwischen denen ein Weg hindurchführt und wo der Platz zum Rasten besser geeignet ist. Hier ist es nun wirklich idyllisch. Kein Haus weit und breit. Nur: Haubentaucher, Stockenten und Schwäne scheinen sich an unserem Erscheinen nicht zu freuen. Die Karpfen im See verachten hingegen unsere Brotresten nicht.

Nutrias: Murmeli mit Flossen

Nach einer stündigen Rast geht es Richtung Westen weiter, wo wir nach acht Kilometer am grössten See des heutigen Tages eintreffen. Die eine Seite ist mit Schilf bewachsen, die andere mit Wald. Also, wenn ich Wald sage, so sind Erlen, Akazien und Eichen gemeint. Beim Näherkommen sehe ich ein eigenartiges Wesen im Wasser. Wir rätseln, ob es ein Biber sei, doch meines Wissens gibt es hier keine. Dann muss es wohl ein Ragondin, also ein “Nutria“, sein. Es ist dem Murmeltier am ähnlichsten, ausser, dass es Schwimmflossen hat.
Nun ist es Zeit, den Rückweg in Angriff zu nehmen. Sechs Kilometer Richtung Süden und schon liegen die nächsten zwei Seen vor uns. Hier fallen uns weisse Bäume auf. Lange überlegen wir, ob diese gespritzt oder gefärbt wurden. Es ist fast unmöglich, hinzugelangen, und so nehme ich den Feldstecher aus dem Rucksack. Da entdecke ich oben in den Ästen ein Kormoranen-Paar. Nun ist klar, warum diese Weiden weiss sind. Sie werden von den Kormoranen als Nachtlager benützt und die weisse Farbe ist ihr Kot.

Zehn Seen an einem Tag

Einem riesigen Sojabohnenfeld entlang geht es weiter, dann durch ein Stück Wald und schon sehen wir einen weiteren See glänzen. Wir lassen unsere Velos am Wegrand stehen und gehen zu Fuss bis ans Ufer. Wieder so ein idyllisches Plätzchen. Haubentaucher fischen um die Wette und Graureiher stehen am Rand, um im richtigen Moment zuzupacken.
So peilen wir den letzten See an, der in einer Senke versteckt ist. Der kleine Umweg hat sich gelohnt. Gelbe und rote Seerosen blühen wunderbar. Ein letztes mal setzen wir uns hin, um die Stille und die Einsamkeit auszukosten.

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Weiterführende Links
Berndeutschlexikon
Nutria

 

2 Kommentare

Kommentare

  1. Blaser Hedy und Hans Peter

    16.05.2008 13:45

    Lieber Herr Gyger
    Wir verfolgen mit grossem Interesse Ihre Berichte aus der Bresse. Wir selber sind schon fast eingefleischte “Bressianer” und geniessen die Natur pur genau wie Sie. Näheres zu uns können Sie im ersten Blog von Careguide erfahren!
    Auch wir sind passionnierte Radler und immer offen für neue und gute Tipps. Könnten Sie ev. die heute erwähnte Strecke etwas näher beschreiben, so dass wir sie “nachfahren” könnten? Einige Ortsangaben würden uns genügen, mit Michelinkarten sind wir bestens ausgerüstet.
    Herzlichen Dank im Voraus und weiterhin viel Vergnügen, Spass und Freude in der Bresse.
    Herzlich , Hedy und Hans Peter Blaser

  2. Adolf Gyger

    25.05.2008 19:54

    Veloroute: Champ de Lux - St.Germain du Bois - Serley - Mervans - Diconne - Devrouze - Champ de Lux