Ines Torelli
  Seit 1995 mit Ehemann Edi Baur in Nova Scotia (CAN)

(31) Noël bescherte Herbststurm

Seit Menschengedenken hat es in dieser Gegend keinen Hurrikan gegeben, so versichert man uns. Trotzdem verfolgt man die grässlichen Bilder im Fernsehen von den Opfern dieser Naturgewalt mit gemischten Gefühlen. Einesteils ist man beruhigt: „Hier kommt sowas nicht vor” und andererseits denkt man: was, wenn doch?

Bis wir in der Wettervorhersage hören müssen, dass der Hurrikan Noël sich direkt über Nova Scotia bewegen werde. Zuerst räumt man natürlich alles ins Haus, was nicht niet- und nagelfest ist. Das sind alle Gartenmöbel, alle Blumentöpfe, alle Vogelhäuschen, alle Zutaten zur Eisenbahn von Edi, einfach alles, was sich im Laufe der Zeit so ansammelt und an der Hausmauer angestaut hat.

Gut vorbereitet auf Stromausfälle

In der Nacht soll dann der Sturm kommen, und wahrscheinlich, so die Warnung, wird es erhebliche Stromausfälle geben wegen umgestürzten Bäumen, die die Stromleitungen beschädigen. An Stromausfälle sind wir uns hier gewohnt, also tut man das Übliche: Man füllt etliche Flaschen mit Trinkwasser, man organisiert genügend Kerzen und schaut, dass genug Holz beim Ofen bereit liegt. Diejenigen, die mit Gas kochen, trifft es nicht so hart wie die, deren Herd elektrisch gespeist wird. So bleibt einem nur zu hoffen, dass das Haus dem Sturmwind standhält und keine liegengebliebenen Gegenstände gegen die Scheiben geschmettert werden.

Vom Sturm selber kaum betroffen

Sonntags früh war es denn soweit, Heizung weg, Licht weg, Wasser weg. Aber vom Sturm selber haben wir nichts gemerkt, da war der Noël noch gnädig mit uns. Auf Anfrage beim Elektrizitätswerk hiess es, der Strom käme in gewissen Gegenden erst am Dienstagabend wieder.

Dazu kam noch, dass auf unserer Strasse fünf Bäume lagen und eine Flucht in ein Restaurant unmöglich war. Nebst heissem Tee und Kaffee (auf dem Ofen zum Sieden gebracht) verköstigten wir uns mit Sandwiches und Salaten. Zum Glück ist die Ware im Tiefkühler erhalten geblieben, weil wir ihn keine Sekunde lang geöffnet hatten! Ein lieber kanadischer Nachbar hat uns die Strasse wieder frei gemacht. Und jetzt ist alles wieder wunderbar O.K.

2 ½ Tage ohne Strom hat auch sein Gutes

Es ist erstaunlich, wie man in solchen Situationen zurechtkommt. Gut: Bequem ist das Leben nicht so sehr, aber mit Fantasie und Einschränkungen ist so eine Situation absolut zu bewältigen. Da merkt man erst, wie sehr man von der Elektrizität abhängig ist und wieviele Arbeiten ohne sie gar nicht erst ausgeführt werden können.

Ein Gutes hat’s für mich gehabt, ich habe mich, weil natürlich der Computer auch gestreikt hat, wieder mal ans Pult gesetzt und Ordnung in meine Papiere gebracht. Aber eben, nur solange ich Tageslichtbeleuchtung hatte. Am Abend dann haben wir uns vorgelesen im Schein einer starken Taschenlampe, ärgerten uns nicht über den ‚Dobbeljuu Bush‘ und sonstige Nachrichten, trösteten uns mit einem wärmenden Schluck Wein und gingen wieder einmal ein bisschen früher ins Bett.

Bloss die Katzen scheinen von alledem nichts gemerkt zu haben. Sie haben einfach durchgeschlafen. ♦

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514 Kommentare

Kommentare

  1. Karin und Erich Karrer

    08.11.2007 15:44

    Hallo Ines und Edi,

    Wir finden es ganz toll,dass Ihr diese Berichte schreibt. So koennen die Schweizer in der Heimat sich ein Bild vom
    “Kanadischen Alltag” machen.
    Wir sind vor ueber 5 Jahren nach Ontario ausgewandert und haben hier unser kleines Paradies gefunden. Gluecklich koennn wir uns schaetzen mit unserem wunderschoenen Resort, viel Platz und all unseren Tieren.
    Wir haben es noch keine Sekunde bereut nach Kanada ausgewandert zu sein.
    Es macht spass zu lesen, dass alle “Kanada-Schweizer” mit den gleichen kleinen und groesseren Problemen zu kaempfen haben, welche sich aber immer wieder loesen lassen.
    Wir sind gluecklich hier und haben vorallem ein grosses Ziel erreicht und das heisst: “Lebensqualitaet”.
    Liebe Gruesse
    Karin, Erich, Rocky (dog) Liza und Winnie (cats) sowie Zorro der Waschbaer