Alfredo Marti
  Seit 1998 mit Ehefrau Anita an der Costa Dorada (ESP).

(341) Ernstfall Meningitis

Bevor wir nach Spanien ausgewandert sind, haben wir uns natürlich gründlich informiert. Dazu gehörte auch die Gesundheitsversorgung. Wir hatten schon ein bisschen Bedenken, das in der Schweiz sehr gut funktionierende System aufzugeben, ohne sicher zu sein, was da auf uns zukam. Als erstes haben wir uns bei einer privaten Krankenkasse angemeldet, was 1998 ca. 100 CHF pro Person und Monat kostete.

Mein erster Test des spanischen Gesundheitswesens

Im Januar 2001 wurde ich nach einem Motorradunfall im Spital von Amposta geröntgt. Nachdem man einen Schlüsselbeinbruch festgestellt hatte, wurde ich ins Bezirksspital Tortosa geschickt, weil im Augenblick kein Chirurg verfügbar war. Da wir ja noch genau wussten, wie das abzulaufen hat, intervenierte ich nicht. Ein Jahr zuvor war ich schon einmal in diesem Spital und hatte meinen spanischen Nachbarn besucht, welcher sich von einer schweren Fussoperation erholte. Das Spital hatte mir einen recht guten Eindruck hinterlassen, und auch der Nachbar war sehr zufrieden über das Essen und das Pflegepersonal. Obwohl das Spital nur über eine allgemeine Abteilung verfügt, gibt es da ausschliesslich 2-Bettzimmer mit eigenem WC und Waschgelegenheit.
Nicht ganz einen Monat nach dem Motorradunfall fragte ich meine Privatversicherung an, ob ich eigentlich einen Selbstbehalt oder sonst etwas bezahlen müsse. Die Antwort überraschte: „Sie haben ein riesiges Glück, dass Sie jetzt am letzten Tag der Meldefrist noch anrufen!” Ich hätte mich erkundigen müssen, ob ich überhaupt in dieses Spital gehen dürfe, denn es gäbe ein Privatspital in Tortosa und als privat Versicherter hätte ich eigentlich dort operiert werden sollen. Weil ich ja noch nie eine Leistung beansprucht hätte, würden sie die Kosten trotzdem übernehmen.

Lesen Sie das Kleingedruckte…

Da wir im Versicherungspaket auch eine kleinere Zahnpflegeversicherung und auch eine Gratiszahnreinigung eingeschlossen hatten, fragten wir nun, wohin wir zu gehen hätten. Wir erhielten eine entsprechende Liste, und beim ersten Zahnpflegebesuch stellte sich heraus, dass zwei alte Zahnfüllungen nicht mehr sehr gut waren, worauf ich diese Arbeit auch gleich ausführen liess. Laut Police hätte die Versicherung auch einen grösseren Teil an solche einfacheren Reparaturen bezahlen sollen. Wie man uns erklärte, müssten für Zahnreparaturen aber wieder andere Zahnärzte angefragt werden. Natürlich kann man über Logik streiten…
Wenige Monate nach dem Motorradunfall und zwei Tage nach dem Anschlag auf die Zwillingstürme des World Trade Center von New York hatte ich unfreiwillig schon wieder Gelegenheit, das spanische Gesundheitswesen kennen zu lernen. Am 13. September 2001 fuhren Anita und ich ins Spital Amposta, direkt in die Notfallabteilung. Ich hatte ein schlechtes Gefühl, hatte nun seit 48 Stunden unerträgliche Kopfschmerzen. Die mir tags zuvor von einem Arzt im medizinischen Center hier in Sant Carles de la Rapita verschriebenen Tabletten wirkten nicht.

Im Allgemeinspital besser aufgehoben

Nachdem man aus dem Rückenmark etwas Flüssigkeit entnommen und untersucht hatte, war klar: Ich hatte eine akute bakterielle Meningitis (Hirnhautentzündung). Der Arzt verfügte, dass ich sofort mit einem Krankenwagen nach Tortosa in das Bezirksspital überführt werden müsse. Ich intervenierte, ich müsse erst die Erlaubnis von meiner Versicherung einholen. Der Arzt verneinte dies augenblicklich und versicherte mir, er werde dies schon mit meiner Versicherung ausmachen. Ich sei besser in dem allgemeinen Spital aufgehoben, sie hätten da mehr Möglichkeiten! (siehe auch nächsten Beitrag zum Thema “Versichert als Allgemeinpatient”).

Nachdem ich im Bezirksspital gelandet war, verabreichte man mir sofort alle drei Stunden einen Beutel mit Antibiotika, erst in meine Armvene, später über einen Herzkatheter. Eigentlich kann ich gar nicht schreiben, wie und wieso ich überhaupt die erste Woche überlebt habe. Ich weiss nur noch, dass ich viel fantasiert habe und ich Anita, die jeden Tag bei mir am Bett gesessen hat, mit meinen Horrorgeschichten und Erlebnissen geängstigt habe. Die Ärzte waren sich nicht sicher, ob ich die Krankheit überleben würde.
Rückblickend, kann ich über meinen Aufenthalt in Tortosa, einem Spital, welches nur eine allgemeine Abteilung hat, ehrlich nur das Beste berichten. Auch das Essen war ausgezeichnet und abwechslungsreich, man hatte immer die Möglichkeit, für die nächste Mahlzeit das Menü aus verschiedenen Angeboten selbst zusammenzustellen. Die Ärzte und das Pflegepersonal waren freundlich, aufmerksam und geduldig - einfach so, wie man sich es wünscht, falls man einmal krank werden sollte. Generell kann ich nur sagen, ich wäre nicht besser betreut worden, wenn mir das in der Schweiz passiert wäre.

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Weiterführende Links
Meningitis
(342) Gut versorgt als Allgemeinpatient

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