Heinz Tock
  Seit 1997 mit Ehefrau Marta in British Columbia (CND)

(114) Monarchie Kanada

Kanada ist eine Monarchie!
Wenn ich diese Aussage etwa hier im Gespräch einfliessen lasse, ist die Reaktion frappant.
Dies sei nur symbolisch. Das habe gar nichts zu bedeuten.
Ich erwidere dann, dass es doch unter diesem Gesichtspunkt verwunderlich sei, dass Frau Windsor in London, ihres Zeichens Königin des Vereinigten Königreiches, Kanadas, Australiens und Neuseelands (neben ein paar andern unbedeutenden Flecken auf dem Globus) auf unseren Vorschlag hin je einen Landvogt für uns und unsere Provinzen ernenne.

Der Governor General, eine herzige junge Immigrantin aus Jamaika – sie folgte auf eine liebenswürdige ältere Lady aus China − ist zudem Oberkommandierende der Kanadischen Streitkräfte. Jede Provinz hat einen Lieutenant Governor.

Königskinder

Alles öffentliche Land ist “Crown Land”, der Staat führt Strafprozesse “Crown vs. Accused”, vertreten durch einen Prokurator, der Crowncounsel genannt wird.
Bei der Einbürgerung legt der Immigrant einen Eid auf die Krone ab. Er oder sie verspricht, der Königin und allen deren Nachfolgern, die analog einem Zuchtbuch für edle Pferde ausgewählt werden, Treue und Gefolgschaft zu leisten. Leute, die den Eid ablehnen, geben ein “Ehrenwort” ab. Wie Micheline Calmy-Rey vor der Bundesversammlung.
Zudem ist Frau Windsor “Hüterin des Glaubens”. Der hier erwähnte “Glaube” ist die Anglikanische Glaubensrichtung. Nachdem Heinrich VIII mit seinem Hobby, Frauen zu heiraten und sie dann zu verstossen oder zu köpfen, in Rom auf Widerstand stiess, brach er mit den Römern und ernannte sich und seine Nachfolger quasi zu Päpsten.
In Kanada gibt es folglich keinerlei Trennung von Kirche und Staat. Noch bis vor kurzem lagen bei der Immigration Bibeln auf für Leute, die “nach alter Väter Sitte” auf diese schwören wollten.

Trennung von Kirche und Staat, ein Vergleich

Nun also sagen meine neuen Landsleute, dies alles sei nur symbolisch. Bizarr!
Da wir ständig über unsere Südgrenze schauen, wo unsere amerikanischen Cousins leben, tue ich dies hier auch. Dort gilt strikte Trennung von Kirche und Staat. Auf dem Papier jedenfalls.
Unaufhörlich versuchen die “neugeborenen Evangelisten” das Schulgebet wieder einzuführen. In den Schulen soll wieder ein Kreuz hängen. Jeder Politiker versichert seinen Wählern, dass er bete und Jesus als höchste Instanz für seine Entscheidungen anrufe. Herr Bush spricht, gemäss eigenen Aussagen, mit Gott selber.
Bereist man die USA, so lautet eine der ersten Frage bei einem Gespräch oft nach der Kirche, der man angehört. Längst habe ich mir abgewöhnt, den Leuten zu sagen, dass ich Agnostiker bin. Zwar glaubt jeder Amerikaner fest daran, dass in seinem Land Glaubens- und Gewissensfreiheit herrsche. Aber was zu weit geht, das geht zu weit! Niemand weiss genau, was ein Agnostiker ist. Man nimmt aber an, dass dies eine Sorte von Atheisten sei. Und Atheisten sind Nihilisten, Nihilisten sind Anarchisten. Und Anarchisten sind nach 9-11 präsumptive Terroristen. Basta!

In Kanada darf jeder nach seiner Fasson selig werden

In Kanada lässt man einen jeden “nach seiner Fasson selig werden”. Weder wird in der Schule gebetet, noch hängen Kreuze in öffentlichen Gebäuden. Niemand muss sich rechtfertigen, wenn er oder sie eine besondere Kopfbedeckung, etwa ein Kopftuch trägt. Tschaddor oder Hijab sind nur dort ein Problem, wo eine positive Identifikation notwendig ist, etwa am Zoll oder bei einer Polizeikontrolle.
Ja, auch Kanada ist sehr religiös. Allein hier an der Küste haben wir schier unzählige religiöse Gruppierungen. Missionieren tun nur die “Zeugen Jehovas”, und wenn ich Zeit habe, plaudere ich mit den hübschen jungen Frauen ganz gerne ein wenig, wenn sie an der Türe läuten.

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Kommentare

  1. Jean-Pierre Prodolliet

    12.03.2008 19:10

    Die Informationen die mir hier gegeben werden überraschen mich. Ich habe das nicht gewusst. Ich habe Kanada immer als ein Land wie die USA angeschaut. Ist Kanada religiöser als die USA? Eigentlich interessiert mich diese Frage nicht sehr, da es für mich nicht von Bedeutung ist wie “religiös” ein Land ist.