Ingrid Stocker Spitzers
  2007 in die Bresse (FRA) ausgewandert

(106) Das Glück mit den Nachbarn

Wir wohnen ca. 3 km vom Dorfkern in einem Weiler mit fünf Bauernhäusern. Mit allen Nachbarn haben wir einen wirklich guten Kontakt. Wir haben es jetzt am eigenen Leibe erfahren, wie wohltuend es ist, hilfsbereite Nachbarn zu haben.

Kurz nachdem wir den Kaufvertrag unterschrieben hatten, sind wir bereits von unseren direkten Nachbarn Marie-Claire und Claude zu einem Aperitif eingeladen worden. Sie wollten die neuen Nachbarn unbedingt kennen lernen und wir natürlich auch. Wir haben gemütlich miteinander geplaudert, was vor allem deshalb möglich war, weil die beiden Franzosen extra langsam sprachen. Diese Nachbarn wohnen im Winter in Lyon und vom März bis September auf dem Lande. Wir können immer zu ihnen gehen, wenn sie da sind und wir etwas wissen wollen. Das letzte Jahr, als wir noch in der Schweiz waren, hat Marie-Claire uns immer etwa eine E-Mail geschickt um nachzufragen, wie es uns gehe und wann wir in die Bresse kommen. Später hat sie uns in Frankreich angerufen und wollte wissen, ob der Umzug gut verlaufen sei.

Hilfsbereit und überraschend

Weitere Nachbarn sind Madame Marcelle und Daniel, Mutter und Sohn, die je in einem eigenen Haus wohnen. Der Daniel ist immer da und hat uns am meisten geholfen. Er ist ein richtiger Handwerker und weiss auf viele Fragen eine Antwort. Marie-Claire hat uns bereits darauf aufmerksam gemacht und immer wieder gesagt: “Wenn man was wissen will: Daniel fragen”.
Daniel war der allererste Nachbar mit dem wir geredet haben und zwar als wir das Haus nochmals von aussen anschauen gingen. Später hat er uns das mehr als 1m hohe Gras geschnitten, davon Heuballen gemacht und säuberlich in unserem “Atelier” auf Paletten aufgestapelt, Futter für die Pferde im Winter. Er hat, zusammen mit Verwandten, die Pfosten für unseren Pferdehag mit einer Maschine eingeschlagen und uns nachher geholfen den Gitterzaun zu montieren, mit Hilfe eines selbstgebauten Zuggeräts. Auch hat er im Pferdestall den Boden mit einem Zementüberzug ausgebessert.

Einen Tag bevor das Busi zu uns kam, stand ein Katzen-Spielzeug vor unserer Türe: Ein an einer Schnur hängender Zapfen, der beim kleinsten Schlag einer Katzenpfote zu pendeln beginnt und kaum mehr aufhört. Es war uns sofort klar, dass Daniel es hingestellt hat, als wir einkaufen waren. Er hatte es selber gebastelt, um dem Neu-Ankömmling eine Freude zu bereiten.

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Der Zapfen, der sich (fast) immer bewegt

Als ich Hafer für die Pferde brauchte, wusste er, wo man das kaufen kann. Das erste Mal ist er mit mir mitgefahren, denn ich hätte die Stelle nie alleine gefunden. Auf diesen vielen Landwegen kommt man sich vor, wie in einem Labyrinth.

Probleme mit der Leitung

Als eines Morgens kein Wasser aus dem Hahn kam, waren wir erschrocken und dachten schon an das Schlimmste: eine gefrorene Leitung! Sofort ging ich zu Daniel. Er beruhigte mich und sagte lakonisch: “Sie haben das Wasser abgestellt wegen einer Reparatur oder so, dass kommt ab und zu vor und dauert nie länger als einen halben Tag. Für so etwas bekommt man keine Vorwarnung; wenn der Strom abgestellt wird, dann schon”. Wasser ist doch eigentlich wichtiger als Strom, dachte ich. Tatsächlich konnte ich mich dann doch noch vor der Mittagszeit duschen.

Daniel war auch derjenige, der mir den Rat gab, Monsieur Jean-Paul zu fragen, als ich ihm von meinen Problemen mit der Internetverbindung erzählte. Und so machten wir Bekanntschaft mit unseren letzten Nachbarn, Odile und Jean-Paul. Ohne Jean-Paul hätte ich vielleicht jetzt noch keine Internetverbindung.

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Kommentare

  1. Catherine Beuret

    29.02.2008 9:17

    Liebe Frau Stocker, betreffend Hilfsbereitschaft, kann ich Ihre Erzählung bestätigen. Ich bin alleinstehend und im Dorf weiss man das. So kommt der eine Nachbar zum Mähen der kleinen Wiese, der andere mit einem Motoculteur zum Vorbereiten der Blumenrabatte. Ich kriege, wenn erbeten, sehr gute Ratschläge. Will ich bezahlen, wehrt man sich empört. Jetzt bringe ich aus der Schweiz Spezialitäten für meine Wohltäter mit oder verschenke Gutscheine vom Gartencenter. Hier sind alle grosse Gartenliebhaber, die Gartencenter sind sogar Sonntags geöffnet und so mancher Sonntagsspaziergang führt durch das Gartencenter. Als sie hörten, dass ich den Garten durch eine englische Gartenarchitektin gestalten liess, wollte man ihn sehen. Mein Garten ist nämlich versteckt und nur der eine Nachbar sieht hinein. Bei alten Häusern wurden oft hohe Mauern um das Terrain gemacht. Da ich, wie viele Andere, über einen Ziehbrunnen verfüge, zeigte man mir, mit welcher Installation ich das Wasser hochkriege. Da das Wasser sehr teuer ist, bin ich froh, so über eine gewisse Reserve zum Giessen des Gartens zu verfügen.

    Als im Dorf bekannt wurde, dass ich nicht nur zu Ferien hier weile, begann man mir die Hand zu schütteln und in der Bäckerei die Neuigkeiten zu erzählen. Nachdem ich einzelne Damen zu Ausflügen in Schlossgärten einlud, wurde ich bei ihnen zum Kaffee eingeladen.

    Übrigens, ich kenne die unvergleichliche Hopjes von Rademakers! Eine Tante brachte sie mir vor Jahren aus Holland mit. Das Holländisch in Ihrem Bericht hat mich veranlasst, im Internet welche zu bestellen.

    Herzlich Catherine Beuret